Einzige Frau im deutschen Amputierten-Fußball-Nationalteam
Nicola Roos: Eine junge Frau inspiriert die Fußball-(Männer)Welt
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Nicola Roos hat einen Traum. Die Teenagerin möchte eine deutsche Nationalmannschaft für Amputierten-Fußballerinnen gründen und mit ihr zur Weltmeisterschaft fahren. „Ich habe bislang allerdings keine anderen Frauen gefunden, die mitspielen wollen“, erzählt sie und klingt für einen kleinen Moment ein bisschen traurig. Das hängt wohl vor allem damit zusammen, dass sportliche Frauen mit einer Amputierung lieber andere Sportarten wie Leichtathletik oder Schwimmen wählen.

Bei den Männern ist das anders: Zum einen gibt es durch Kriege oder Motorrad-Unfälle mehr Amputierungen als bei den Frauen. Zudem ist Fußball für viele Männer die erste Wahl für die Rückkehr ins Leben. So war es auch für Nicola Roos – deshalb spielt die Teenagerin jetzt als einzige Frau in der Männer-Welt des Amputierten-Fußballs mit. Und zwar nicht irgendeine Nebenrolle. Sondern eine der Hauptrollen.
Im vergangenen Jahr 2024 hat sie mit ihrem Verein Mainz 05 erstmals die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Und war mit dem deutschen Männer-Nationalteam bei der EM dabei – als einzige Frau aus ganz Europa. Mit einem starken siebten Platz qualifizierte sich Deutschlands Amputierten-Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in Costa Rica. Nicola Roos träumt natürlich davon, beim großen Highlight mit dabei zu sein. Als einzige Frau in einer ansonsten reinen Männer-Welt.
„Nicola ist ein Vorbild, eine Inspiration“, hat ihr Mainzer Trainer Jürgen Menger einmal gesagt. Aber wie ist das so für sie als femininer Farbtupfer in einer maskulinen Welt? „Ich habe nie Skepsis bei den Männern gefühlt. Die finden es richtig cool und bewundern mich eher“, sagt Nicola Roos mit einem Grinsen. Ein bisschen geholfen hat der hochtalentierten Fußballerin, dass sie früher in ihrer Kinderzeit schon mit Jungs zusammen gekickt hat. Mit 14 wurde Knochenkrebs bei ihr diagnostiziert, ein größerer Teil ihres rechten Beins musste amputiert werden.
Noch im Krankenhaus wurde das einstige Mitglied der badischen Mädchen-Nachwuchs-Auswahl darauf aufmerksam gemacht, dass sie im Amputierten-Fußball ihre Leidenschaft weiterleben kann. „Das hat mir sehr geholfen. Ich spiele Fußball, seit ich vier bin“, erzählt die Frau: „Und so gab es auch nie den Moment, in dem ich verzweifelt bin oder aufgeben wollte.“ Das hängt freilich auch mit ihrem sonnigen, fröhlichen Naturell zusammen. Nicola Roos sieht immer die positiven Dinge im Leben. Zum Beispiel auch in Sachen Training.
Die junge Frau, die am 6. Mai 19 Jahre alt wird, muss zu jedem Training bei Mainz 05 insgesamt fünf Stunden im Auto anreisen. Zweieinhalb Stunden hin aus Karlsruhe, zweieinhalb Stunden zurück. Das Ganze zweimal im Monat. „Das macht man doch gern“, sagt sie mit einem Lächeln. Ansonsten trainiert sie noch ein bis zweimal pro Woche in ihrer Heimat-Region bei den Fußballerinnen des ATSV Mutschelbach mit, seitdem sie ihr Abitur in der Tasche hat (Note 1,9). Auch dort unter den Frauen ohne Handicap wurde sie sehr herzlich aufgenommen und hat sich durch ihr Können jede Menge Respekt erarbeitet.
Nicola Roos trainiert verbissen, schließlich muss sie sich in einer reinen Männer-Welt durchsetzen und hat auch 2025 große Ziele. Am 24. und 25. Mai beginnt in Mainz mit den ersten beiden Spieltagen die Bundesliga-Saison im Amputierten-Fußball, die am 25. Oktober in Düsseldorf mit dem großen Meisterschafts-Finale enden wird. (link: https://www.amputierten-fussball.de/veranstaltungen/ ) „Wir wollen natürlich den Titel verteidigen“, sagt Nicola Roos: „Und dann ist da ja auch noch die Champions League.“ Vom 30. Mai bis 1. Juni nimmt Mainz 05 als deutscher Champion erstmals am Turnier der besten Vereine Europas teil. (Link: https://amputeefootball.eu/projects/champions-league/ ) In der türkischen Hauptstadt Ankara geht es in der Vorrunde gegen Gastgeber Alves Kablo, den AFC Tbilisi/Georgien und Real Betis aus Spanien.

Die erstmalige Teilnahme an einer deutschen Mannschaft in der europäischen Königsklasse des Amputierten-Fußballs wurde durch die finanzielle Unterstützung des Fußball-Bundesligisten Mainz 05 möglich. Die Anerkennung für die außergewöhnlichen Leistungen im Amputierten-Fußballs steigt von Jahr zu Jahr. Das zeigt die stimmungsvolle Ehrung des deutschen Meisters im Rahmen eines Bundesliga-Heimspiels von Mainz 05 (Link: https://www.mainz05.de/news/die-amputierten-fu%C3%9Fballer-sagen-danke ) genauso wie die Unterstützung der Kreter Foundation für die deutsche Amputierten-Nationalmannschaft. Nicola Roos ist mit ihrer ganz besonderen Geschichte dabei eine der größten Werbefiguren.
„Ich spüre in der Öffentlichkeit schon eine wachsende Anerkennung für den Amputierten-Fußball“, sagt sie. Ein paar Autogramme hat die Teenagerin auch schon geschrieben, aber auf der Straße erkannt wird die Lehramts-Studentin für Geographie und Mathematik in Karlsruhe (noch) nicht. Vielleicht ändern könnte sich das, falls der Amputierten-Fußball den Sprung in die Paralympics schafft. Die Weltspiele von Menschen mit Behinderung sind die mit Abstand größte Bühne – der Traum des Amputierten-Fußball-Weltverbandes ist es, ab 2032 im australischen Brsibane bei den Paralympics mit von der Partie zu sein.
„Wenn wir paralympisch werden, würden es viel mehr Leute sehen und dann sehen, wie attraktiv unser Sport ist“, glaubt Nicola Roos. Dann könnte sich auch ihr Traum von einer deutschen Frauen-Nationalmannschaft im Amputierten-Fußball erfüllen.